
Im Zuge der von ASEP propagierten kontinuierlichen Know-How Weiterentwicklung und Life-long Learning Fortbildung hat sich Michael Klemen, Accenture Alumni, die diesjährigen Accenture Life Trends 2023 im Detail angesehen und fasst sie zusammen:
Die zu Jahresbeginn veröffentliche Studie erkennt 5 Trends: Diesmal geht es darum sich in einer unsicheren Welt zurechtzufinden. Sie stellt das Prinzip der Life-Centricity (Lebenszentrierung) in den Mittelpunkt und untersucht, wie Menschen ihr Leben umgestalten und neue Technologien nutzen, um ihren sich ändernden Bedürfnissen nachzukommen. Neue Technologien sowie verbesserte künstliche Intelligenz ermöglichen neue Kontrollmöglichkeiten mit nie dagewesenen Folgen für Unternehmen und Einzelpersonen. Diese scheinbar geringfügigen Kontrollverschiebungen werden die Kräfteverhältnisse auf allen Ebenen verändern.
TREND 1: Die Welt in der Dauerkrise – wir passen uns (wie) an.
Die Welt schlittert von einer globalen Katastrophe zur nächsten. Doch wie schon seit Jahrtausenden passen sich die Menschen dieser Instabilität an. Sie wechseln dabei zwischen vier Reaktionen: fight, flight, focus und freeze.
- Fight: Die Menschen erheben zunehmend ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit.
- Flight: Die Menschen sehen sich nach Alternativen um.
- Focus: Die Menschen konzentrieren sich auf das, was sie kontrollieren können.
- Freeze: Die Menschen schalten komplett ab und ziehen sich zurück.
Derzeit lastet ein enormer finanzieller Druck auf den Menschen: Familien versuchen, über die Runden zu kommen, und reduzieren ihre Ausgaben für nicht unbedingt Notwendiges wie Streamingdienste und Abos. Ein Phänomen, das als „Great Cancellation“ bezeichnet wird. Menschen kündigen ihre Mitgliedschaft im Fitnessstudio, stellen ihre Beiträge zur privaten Rentenversicherung ein und heben ihre Lebensversicherung auf. In dieser Krise der Lebenshaltungskosten sparen sie häufig zuerst bei ihren sozialen Aktivitäten, was unter anderem zu Einsamkeit führt.
TREND 2: Ich glaube daran
Man muss eine Community aufbauen. In einer instabilen Welt suchen Menschen nach Orten, an denen sie sich zugehörig fühlen. Daher werden die Marken der nächsten Generation in erster Linie als Communitys entwickelt, die Loyalität und Markenbeteiligung neu definieren.
Die große Mehrheit der Befragten hat in den letzten sechs bis neun Monaten neue Hobbys ausprobiert oder sich neuen Interessensgruppen angeschlossen. Hier kommen drei Faktoren zusammen.
- Communities of Belonging: auf Plattformen wie Reddit, Discord und Twitch
- Token-Gating: exklusiver Zugang nur für Token-Inhaber
- Collectibles: digitale Kunst, Autogramme, Sammelkarten und mehr
Der Trend zeigt sich zum Beispiel an der Krypto-Sport-Community WAGMI United: Sie kaufte den englischen Fußball-Zweitligisten Crawley Town FC, mit dem Ziel, diesen bis in die Premier League zu führen. Dafür wurde eine NFT-Gated Community für den Verein ins Leben gerufen und die Besitzer:innen der NFTs erhielten ein Stimmrecht.
Entscheidend ist, dass die Technologie an sich ist für die Kund:innen nicht besonders interessant ist. Unternehmen sollten sich daher auf den Nutzen konzentrieren.
Ein Unternehmen, das diese Denkweise bereits verinnerlicht hat, ist Starbucks. Sein tokenisiertes Treueprogramm Odyssey führt Kund:innen behutsam an das Web3 heran. Dabei konzentriert es sich auf die Bereitstellung von Prämien und das Brand Engagement – und nicht auf die Technologie selbst. Brady Brewer, CMO von Starbucks, erklärt das so: „Das Programm basiert auf Blockchain- und Web3-Technologien, mit denen die Kund:innen interagieren. Sie bekommen davon allerdings nichts mit. Die Technologie ist nur der Enabler.“
TREND 3: Wie bisher oder doch nicht
Die Rückkehr z.B. ins Büro war für viele kein Erfolg. Die zahlreichen Vorzüge, die das Arbeiten im Büro bietet, sind verloren gegangen: von zufälligen Begegnungen bis zur intensiven Betreuung von Nachwuchstalenten. Jetzt werden die Folgen dieses Verlustes deutlich. Ohne persönlichen Kontakt werden die Unternehmen wichtige Erfolgsbausteine verlieren:
- Mentoring
- Innovation
- Kultur
- Inklusion
Derzeit wächst die Spannung zwischen denen, die die Autonomie der Remote-Arbeit schätzen, und denen, die den persönlichen Kontakt im Büro vorziehen. Aber es müssen beide Positionen berücksichtigt werden und für alle sinnvolle Modelle entworfen werden; Unternehmen sollten Bestehendes nicht einfach nur weiter optimieren, sondern Arbeit völlig neu denken – und sowohl materielle als auch immaterielle Faktoren berücksichtigen. Hier eröffnet sich auch speziell für ASEP im Mentoring- und Coaching-Bereich eine attraktive Chance und Erweiterung des Wirkungsgebiets.
TREND 4: KI wird zum Co-Piloten im kreativen Prozess.
Bisher wurde Künstliche Intelligenz vor allem von Unternehmen und Marken als Dienstleistung für oder an Menschen eingesetzt. Heute sind neuronale Netze weit verbreitet und generieren Sprache, Bilder und Musik. Damit wird KI zum Werkzeug für menschliche Kreativität. Diese Entwicklung durchdringt den Markt mit erstaunlicher Geschwindigkeit. In der Sprachverarbeitung werden neuronale Netze eingesetzt, um auf der Grundlage eines Sprachmodells mit 175 Milliarden Parametern Texte zu generieren. Das gleiche gibt es im Bereich Musik und Bildverarbeitung. Wie wird man sich von der Masse KI-generierter Inhalte abheben können ? Wie KI nutzen, um die Geschwindigkeit und die Einzigartigkeit ihrer Innovationen zu steigern?
TREND 5: SIGNED, SEALED, DELIVERED
Ein Wandel im Umgang mit personenbezogenen Daten ist längst überfällig. Transparenz und Vertrauen in die Online-Markenwahrnehmung nehmen rapide ab. 86 Prozent der Menschen sind zunehmend besorgt über den Schutz ihrer Daten. Doch schon bald könnten sie die Kontrolle zurückgewinnen. Digital Wallets könnten die digitale Identitätskrise beenden.
Tokenisierte digitale Wallets enthalten Zahlungsmethoden, Ausweise, Kundenkarten und mehr. Mittels dieser Wallets können Menschen entscheiden, wie viele Daten sie mit Unternehmen teilen oder sogar verkaufen. Das ist ein echter Gewinn für Marken: Die freiwillig weitergegebenen Daten werden noch wertvoller sein als die von Drittanbietern, die in unserer „cookiefreien“ Welt nicht mehr gesammelt werden.
Der Aufbau von Kundenvertrauen in Digital Wallets könnte zur Herausforderung werden. Auch wenn die Technologie noch am Anfang steht, können Unternehmen die Verbreitung beschleunigen, indem sie:
- Den Menschen zeigen, dass die Kontrolle über die eigenen Daten den Zeitaufwand rechtfertigt.
- Dafür sorgen, dass Tokens einfach zu bekommen sind und für alltägliche Transaktionen genutzt werden können.
- Die Funktion der Wallets über den Zahlungsverkehr hinaus erklären.
- Die Berechtigungsstufen verstehen, die Personen den Unternehmen erteilen können.
Ein zusammenfassendes Gesamtbild scheint positiv, denn die bevorstehenden Verschiebungen des Kräfteverhältnisses werden zu einem neuen Verständnis von Fortschritt führen. Das neue Kräfteverhältnis ermöglicht Unternehmen, Beziehungen zu Kunden aufzubauen wie nie zuvor. Loyalität und Mitbestimmung befinden sich an einem Wendepunkt und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Michael Klemen
Austrian Senior Expert