
Eine Analyse unserer Senior Experts Dr. Christa Fischer-Korp und Thorsten Stauffer
Unter Digitalisierung verstehen wir die IT-gestützte schrittweise Durchführung von bisher manuell durchgeführten Arbeitsschritten in einem Unternehmen.
Diese Digitalisierung ist zwischenzeitlich in fast allen Lebenslagen – sowohl privat wie auch beruflich – angekommen. Denken wir nur beispielsweise an das ungeliebte, weil meist umständliche Zahlen von Rechnungen (Eingeben von vielen Zifferrn für IBAN, Rechnungsnummer, Kundennummer,….), die wir erhalten. Heute finden wir auf vielen Rechnungen einen QR-Code. Für Menschen ist dieses Quadrat mit den vielen rechteckigen Flächen nicht lesbar. Aber Software-Systeme können mit diesem zweidimensionalen Code etwas anfangen und lesen. Unser Online-Banking System kann aus dieser Matrix die gesamten Rechnungsinformationen extrahieren und für uns als bereits fertig ausgefüllte Überweisung zur Verfügung stellen. Diese muss nur noch freigegeben werden und schon ist der gesamte Rechnungsprozess in weniger als 3 Minuten fertig. Für Unternehmen bedeutet dies im Umkehrschluss schneller an Ihr Geld zu kommen, da die Rechnungsempfänger in der Regel schneller – da wesentlich einfacher – die Rechnungssumme überweisen.
Ein weiteres Beispiel der Digitalisierung ist der Online-Handel, z. B. Amazon. Geliebt und gehasst gleichermaßen. Aber eine Digitalisierung des Einkaufsprozesses und -erlebnisses in bester Güte.
Digitalisierung ist somit schon heute ein fester Bestandteil unseres Alltags und aus selbigem nicht mehr wegzudenken.
Im Unternehmenskontext ist die Digitalisierung ein Faktor geworden, um die Effizienz und Effektivität der Arbeitsabläufe deutlich zu steigern. Ein ganz gewichtiger Treiber für die Digitalisierung war die Covid-19 Pandemie. Aufgrund der Notwendigkeit die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten zu lassen, waren viele Unternehmen gezwungen ihre Arbeitsabläufe digital neu zu denken und umzusetzen. Digitale Arbeitsabläufe lassen sich wesentlich einfacher an neue Situationen anpassen als dies bei manuellen Abläufen der Fall ist. Digitalisierung bringt also Beschleunigung von Prozessen (Zahlungen durch Scannen des QR Codes)und Vereinfachungen bei gewissen Tätigkeiten ( Online kaufen und digitale Arbeitsabläufe).
Sosehr die Digitalisierung vorrangig „nur“ IT- oder allgemeine Prozesse betrifft, die verändert, verbessert oder beschleunigt werden, hat man sie immer auch mit Menschen, genau genommen mit uns zu tun. Jeder von uns ist hier betroffen, als jemand der Digitalisierung vorantreibt und einführt oder jemand den sie betrifft, weil er oder sie, gewollt oder ungewollt potentieller oder zukünftiger Nutzer ist. Für die meisten Nutzer kam der QR-Code auf den Rechnungen überraschend, meist ohne eine Erklärung und es dauerte eine gewisse Zeit, bis der Vorteil des Scannens und sofortigen Transfers der relevanten Information an die richtigen Stellen als Vorteil zu erkennen war.
Viele von uns konnten in der Covid – Pandemie zwar feststellen, dass Abläufe digitalisiert wurden, online -Konferenzen, -Meetings,-Vorträge, -Besprechungen als normal betrachtet wurden, aber vielfach wurde das vorher nicht mit den Betroffenen besprochen- bzw. war in der Kürze der Zeit nicht möglich- und wurde deshalb für viele zu einer Belastung. Da musste viel ausprobiert werden, bis mit den Online Formaten dieselbe Information transportiert werden konnte wie in Präsenz und oft genug war das ein Sprung ins kalte Wasser. Wenn neben den Online-Besprechungsformen auch noch interne Prozesse einer Machbarkeit durch weniger Personal unterzogen wurden, dann begann für viele auch die Angst davor, wegrationalisiert zu werden. Auch wenn das nicht der Fall war, so brachten doch die digitalisierten Abläufe für die Mitarbeiter eine große Veränderung ihres Tuns mit sich, was sie verunsicherte. Hier zeigt sich, das Credo jeder effizienten und effektiven Digitalisierung ist eine gute Kommunikationsbasis zwischen Beteiligten und Betroffenen.
Doch was bedeutet eine gute Kommunikationsbasis?
Um das zu erläutern, sollten zuerst Wesen und Sinn der Kommunikation erklärt werden. Sinn von Kommunikation ist der Informationstransfer zwischen einem Sender und einem Empfänger, der verbal aber auch nonverbal (schriftlich auf Papier oder Email) sein kann. Information weitergeben heißt in diesem Zusammenhang, jemanden über etwas in Kenntnis zu setzen. Wann ist das der Fall? Der Eindruck eine Information weitergegeben zu haben oder eine Information bekommen zu haben tritt dann auf, wenn wir spüren, mit dem Sender oder dem Empfänger dieselbe Sprache zu sprechen oder imstande sind, so lange Fragen stellen zu können, bis wir Wissensgleichstand annehmen können.
Zu Störungen beim Verständnis darüber kann es durch Unterschiede in der Erziehung, im Wissen, in den Interessen oder den Fähigkeiten kommen, darauf ist also beim Austausch von Informationen Rücksicht zu nehmen. Das Ziel von Kommunikation ist es Verständigung über einen Austausch von Leistungen und Möglichkeiten herzustellen. Das setzt verständliche Kommunikation und gewolltes Zuhören voraus, aber auch, dass der Empfänger, der aufmerksame Zuhörer dazu in der Lage ist, das Gehörte zu verstehen.
Kann durch gute Kommunikation die Dauer einer Digitalisierung verkürzt werden?
Die Dauer ist sicherlich von den Anforderungen an die Digitalisierung und den zugrunde liegenden Prozessen abhängig, es kann jedoch die Effizienz und die Effektivität der Digitalisierung durch Kommunikation optimiert werden.
Was ist damit gemeint ?
Wenn ein Digitalisierungsprozess durchgeführt wird, bei dem vorher nicht alle Beteiligten und Betroffenen zumindest informiert wurde, kann das zu großen Missverständnissen oder Widerständen führen (siehe Beispiele oben). Optimal ist es vor allem, Beteiligte, vor allem jedoch Betroffene in den Change-Prozess aktiv einzubinden. Das bedeutet, mit ihnen nicht nur zu sprechen, sondern sie um ihre Meinung zu fragen und eventuell auch ihr Wissen um die Prozesse zu berücksichtigen. Immer wieder sehen Verantwortliche für diese Digitalisierungsprozesse in gemeinsamen Workshops mit Beteiligten und Betroffenen, wie wertvoll dieser Prozess des Austausches, des Fragens und Antwortens und des Einbeziehens von Meinungen anderer für die Umsetzung des Projektes ist.
Oft wird gefragt, ob Digitalisierung die ultimative Problemlösung ist.
Digitalisierung ist sicher kein Heilsbringer, aber Digitalisierung gehört heute zu unserem Alltag. Digitalisierung hat seine Vorteile aber auch – wie alles im Leben – seine Nachteile. Beide Seiten der Digitalisierung müssen im Vorfeld einer Digitalisierungsinitiative mitgedacht und auch in den unterschiedlichen Aspekten in die weiteren Schritte mit einbezogen werden.
Die Digitalisierung wird sehr gerne in der medialen Kommunikation entweder Schwarz oder Weiß gezeichnet. Beide Darstellungsweisen sind jedoch unzureichend. Digitalisierung besteht aus vielen Schattierungen und kann zwischen den beiden Zuständen Schwarz und Weiß pendeln. Kann hier ein gutes Kommunikationskonzept hilfreich sein, Grautöne in allen Schattierungen zu zeichnen?
Nun, Schwarz und Weiß darzustellen ist auch kommunikativ keine Schwierigkeit. Die Herausforderung ist es – wie immer – die Grauschattierungen beschreiben zu können. Wenn ein Kommunikationskonzept eine Vermittlerrolle und einen Auftrag zur Verständigung zwischen den einzelnen Abteilungen, Professionen, zukünftigen Anwendern beinhaltet und alle relevanten Tools dazu einsetzt, ist es möglich alle Grautöne herauszuarbeiten. Unterstützende Instrumente sind u.a. Fragetechniken, aktives Zuhören, Paraphrasieren, Anwendung des 4 Ohren Modells und das Beherrschen der Grundlagen der Gesprächsführung (nicht direktiv sein, Empathie und Wertschätzung zeigen)
Doch dem nicht genug, für das Akzeptieren von diesen Grautönen braucht es noch zusätzlich Transparenz, Vertrauen, Perspektivenwechsel, Berücksichtigen von Interessen und Bedürfnissen und Fairness. Das alles wird durch das Design von klaren Informations- und Kommunikationswegen sichergestellt. Das klingt nach einem beträchtlichen Einsatz an Zeit für alle Beteiligten und das ist es auch.
Jede gute Vorbereitung eines Change-Prozesses nimmt Zeit in Anspruch.
Je besser jedoch die Vorbereitung, desto schneller kann der Prozess mit hoher Akzeptanz durchgeführt werden. Das bringt im Anschluss die notwendige Geschwindigkeit bei der Umsetzung des Digitalisierungsprozesses. Aus unternehmerischer Sicht bedeutet das, dass in Digitalisierungsprojekten neben der Analyse der zu digitalisierenden Arbeitsabläufe und der eigentlichen Digitalisierung immer auch der Kommunikationsaspekt eine wichtige Größe ist, weshalb Digitalisierungsprofis immer auch entsprechende Kommunikations- und Change-Management Experten mit einbeziehen.
Digitalisierung muss bereits im Vorfeld des entsprechenden Projektes den Mitarbeitenden erklärt werden. Warum wird digitalisiert, was ist das Ziel eines Digitalisierungsprojektes, welche Vorteile bringt die Digitalisierung nicht nur dem Unternehmen, sondern auch dem einzelnen Mitarbeiter. Wichtig ist es auch, dass die Digitalisierungsinitiative ehrlich kommuniziert wird. In einem solchen Projekt ist es unumgänglich, sich den Sorgen und Nöten der Mitarbeiter zu stellen, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und sie damit auf die Reise mitzunehmen.
Ein Beispiel aus der aktuellen Praxis:
Bei einem großen Digitalisierungsprojekt in der Deutschen öffentlichen Verwaltung ist das Ziel, bisher nur auf Papier vorliegende Antragsformulare dem Antragsteller digital zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es nicht nur darum das bisherige Papierformular als am Computer ausfüllbares PDF-Formular anzubieten, es geht auch darum ein Antragssystem zu erstellen, welches mit Logiken den Antragstellenden durch den Antrag so hindurchführt, dass auch Hilfestellung beim Ausfüllen gegeben wird. U.a. besteht diese Hilfestellung auch dadurch, dass auf die Lebenssituation des Antragstellers eingegangen wird.
Zudem werden die Antragsdaten digital dem jeweilig zuständigen Amt zur Verfügung gestellt und auch in das entsprechende Fachverfahren eingespielt. Für den Bürger ist diese Initiative der Deutschen Bundesregierung eine tolle Sache. Die Ämter jedoch sehen dieses Digitalisierungsprojekt deutlich kritischer. Für die Ämter bedeutet dies eine massive Umstellung ihrer bisherigen Arbeitsweise und vor allem der Arbeitsabläufe.
In den Gesprächen mit den Sachbearbeitern wird häufig klar wie belastend diese Umstellung für sie ist, vor allem auch deshalb, weil sie noch keine reele Vorstellung davon haben, wie sie zukünftig mit dieser Digitalisierung umgehen sollen.
Daher ist der Ansatz in den ersten Gesprächen mit den Sachbearbeiter:innen nicht nur die rein technische Leistung des digitalen Antragssystems darzustellen. Zu Beginn ist es wichtig die bisherigen Prozesse, die die Mitarbeiter durchführten nochmals mit ihren Abläufen und Inhalten zu beschreiben und zu zeigen, wie diese Inhalte im neuen digitalen Gewand aussehen und welchen Prozessen sie nun folgen. Oftmals unterscheiden sich die Prozesse „alt“ und die Prozesse „neu“ nicht so wesentlich, dass sie für die Mitarbeiter bedrohlich wirken. Oft sehen die Mitarbeiter auch, dass die Logiken hinter den neuen Prozessen besser verständlich, nachvollziehbarer sind und dann geht es darum die neuen Abläufe in die Routine zu implementieren.
Natürlich ist die Digitalisierung eine Umstellung. Umstellungen, also Veränderungen in Routinen machen Angst und oft entsteht bei den Betroffenen sofort das Bild der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses, wenn von Digitalisierung in ihrem Umfeld gesprochen wird. Diese Negativbeispiele werden natürlich auch allzu gerne medial groß ausgeschlachtet und kommuniziert. Solche Nachrichten verkaufen sich auch viel besser als die positiven Aspekte die eine Digitalisierung mit sich bringt.
Deshalb kann es nicht oft genug wiederholt werden: Bei der Digitalisierung eines Arbeitsumfeldes kann gar nicht genug kommuniziert werden, wobei diese professionell aufgesetzt werden muss. Wir alle wissen, was falsche, also unprofessionelle Kommunikation anstellen kann. Deshalb bewährt es sich entsprechende Experten an Bord zu holen.
Was sollte von einem Management getan werden um erfolgreich digitalisieren zu können?
Voraussetzung für das Gelingen ist es, dass sich das Management darüber im Klaren ist, was es will und warum es das will, wobei das Warum die Schlüsselfrage ist. Nur wenn diese Frage hinreichend, logisch und nachvollziehbar erklärt wird, also Notwendigkeiten und Dringlichkeiten verständlich dargestellt werden, können Digitalisierungsinitiativen nachhaltig funktionieren. Andernfalls wird sofort die Frage nach der Sinnhaftigkeit gestellt, und zwar aus allen Unternehmensebenen heraus. Digitalisierung ist immer ein Thema des Agierens und nicht des Reagierens.
Wenn die Frage nach dem Warum beantwortet ist, müssen kurz-, mittel- und langfristige Ziele des Digitalisierungsprozesses definiert werden. Diese sollten mit entsprechenden Kennzahlen, sogenannten KPIs, unterlegt werden, um den Erfolg messbar zu machen. Die Digitalisierung wird dadurch von einem mystischen Unterfangen zu einem klar messbaren und dadurch auch gut kommunizierbaren Wert. Damit kann in einem Unternehmen die Akzeptanz so weit gesteigert werden, dass die Mitarbeiter von sich aus neue Digitalisierungsinitiativen vorschlagen.
Danach können die entsprechenden Maßnahmen entwickelt werden, mit denen die Zielsetzungen erreicht werden können. Die Praxis zeigt, die meisten Unternehmen fangen mit dem zu digitalisierenden Prozess als ersten Schritt an. Dann wird überlegt, warum und mit welcher Zielsetzung die Digitalisierung betrieben wird. Dies ist natürlich auch eine Möglichkeit, jedoch steigt dabei das Risiko nicht einer Gesamtstrategie zu folgen und mit Digitalisierungsinitiativen innerhalb des Unternehmens einen „Fleckerlteppich“ zu erzeugen. Die Messbarkeit eines potenziellen Erfolges auf Gesamtunternehmensebene wird dadurch zumindest erschwert. Daher die Empfehlung immer mit dem „warum“ zu beginnen, dann die Ziele zu definieren und erst in einem dritten Schritt die jeweiligen Prozesse zu selektieren mit denen die Ziele erreicht werden können.
Empfehlenswert ist es ab dem Zeitpunkt an dem die Zielsetzung definiert wurde auch die Mitarbeiter:innen in das Vorhaben mit einzubinden. Je früher hier kommuniziert wird, desto einfacher wird die Digitalisierung. Kommunikation und Mitarbeiterzufriedenheit sollten sich ebenfalls unter den Zielen befinden und ebenso mit Parametern für ihre Bewertung versehen werden Damit wird die Kommunikation zur Digitalisierung auf das gleiche Niveau wie die Digitalisierung selbst gehoben.
Schreiben Sie uns Ihre Erfahrung mit diesem Thema an c.fischer-korp@asep.at